Oberbürgermeister Dr. Vogels persönliche Rückmeldung zu unsere Themen

Die Anfrage unserer Fraktion an den Oberbürgermeister Dr. Dirk Vogel:

Wir wollten von ihm wissen, wie er sich zu folgenden Themen positioniert und auch persönlich äußert:

    • Zukunft Bad Kissingen
    • Umwelt, Ökologie und Kampf gegen die Klimakrise
    • Bürgernähe, Mitwirkung und Transparenz
    • Kooperation mit der Wirtschaft

Diese Themen begleiten uns schon seit dem Wahlkampf und sind durch die aktuellen Entwicklungen mehr denn je ein Thema in der Gesellschaft.

Wir freuen uns sehr darüber, dass wir die Stellungnahme des Oberbürgermeisters Ihnen hiermit zur Kenntnis geben dürfen.

Für die Fraktion Zukunft Bad Kissingen

Michael Lang

Sehr geehrte Damen und Herren, lieber Herr Lang,

vielen Dank für die Übermittlung der Positionen der  „Bürgerliste Zukunft“. Ich in­terpretiere Ihre Anfrage als Interesse an meiner persönlichen Einschätzung. In diesem Verständnis antworte ich auch und bedanke mich für Ihre Geduld. Ich hoffe, das Warten hat sich gelohnt.

Mein Ziel ist es, Bad Kissingen in eine gute Zukunft zu führen. Die notwendige Diskussion beginnt meistens bei den Fragen „Was versteht man unter diesem Ziel?“ und „Wie können wir dieses Ziel erreichen?“. Dazu einige Anmerkungen meinerseits zu dem Positionspapier der „Bürgerliste Zukunft“.

Das Thema Bürgerbeteiligung durchzieht sich durch die Unterpunkte Zukunfts­orientierung und den Oberpunkt Bürgernähe, Mitwirkung und Transparenz. Beim Thema „Bürgerbeteiligung“ sage ich mittlerweile: Vorsicht. Denn Enttäu­schung ist vorprogrammiert, wenn die Möglichkeiten nicht klar austariert sind.

Zunächst mal findet die fairste und umfassendste Form der Beteiligung der Bür­ger in der Demokratie über Wahlen statt. Auf der städtischen Ebene bedeutet das: Die Einwohner einer Stadt wählen ihre Vertretungen auf Zeit in den Stadtrat und als Oberbürgermeister. Ich halte grundsätzlich viel von dem Konzept der re­präsentativen Demokratie, das auf allen staatlichen Ebenen angewendet wird.

Denn unter der Forderung Bürgerbeteiligung findet nicht selten legitime aber eben partikulare Interessenvertretungen statt, die nur zum Teil mit dem auch von Ihnen formulierten Gemeinwohl in Einklang zu bringen sind: ,,Die Bürger“ gibt es meiner Erfahrung nach nicht.

Trotzdem: Ich schätze Beteiligungsverfahren sehr, auch im Verwaltungsalltag. Zwar haben wir Felder der reinen Rechtsanwendung eines Sachbearbeiters, die in der Regel ohne Beteiligung auskommen müssen. Denn hier müssen vor allem Regeln bei allen Menschen gleich angewendet werden. Anders dagegen sieht es bei größeren Projekten einer Stadt aus, wo wir zum Beispiel beim Schul-oder Kitabau uns intensiv mit den Nutzern, also der Schul-oder Kitagemeinde, abstim­men müssen, wenn die Projekte eine Chance auf Erfolg haben sollen. Bei Projek­ten bei denen Stadtverwaltung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft gemeinsam zum Erfolgsziel entscheidend beitragen, ist ein gemeinsamer Prozess, auch auf Au­genhöhe, in der Tat das Mittel der Wahl. So denke ich zum Beispiel an die Erneu­erung der Innenstadt im neuen Jahr über EU-Fördermittel, wo ich möchte, dass es einen breiten gesamtstädtischen Konsens gibt, was wir mit den Mitteln an­ schaffen wollen. Da sind auch offene Dialogformen, wie von Ihnen angespro­chen, genau am richtigen Fleck.

Daneben praktiziere ich tagtäglich Bürgerbeteiligung, etwa indem ich eine Sprechstunde anbiete, die gut genutzt wird. Zudem kommuniziere ich auf Face­book regelmäßig und antworte in der Regel auf Direktnachrichten. Zudem habe ich eingeführt, dass in allen Ortsteilen die Ergebnisse der Stadtratssitzungen pla­kativ und informativ ausgehängt werden. In Hausen habe ich Ende des Jahres die erste hybride Bürgerversammlung durchgeführt. In Garitz werden wir mit den betroffenen Bürgern intensiv die neue Verkehrsführung am Ende dieses Monats durchgehen und Anregungen aufnehmen.

Ich hoffe, dass aus diesen Beispielen klar wird, dass gezielte Beteiligungsformate zum modernen Miteinander in unserer Stadt für mich selbstverständlich sind.

Spannend finde ich Ihre Position der Gemeinwohlorientierung. Auch ich habe ähnliche Gedanken bereits formuliert, weswegen ich nach einer Balance-Score­card-Logik ganzheitliche Kennzahlen zur Stadtentwicklung erheben möchte. Da­mit wird das Gemeinwohl, was stets Leitschnur des Handelns im öffentlichen Sektor sein sollte, operationalisiert (Indikatoren der Lebensqualität). Hier freue ich mich über Vorschläge zu möglichen Kennzahlen auch aus Ihren Reihen. Kein Interesse allerdings habe ich daran, dass sich Bad Kissingen fortwährend „selbst bewertet“ von einer in der Regel recht geringen Teilnehmerzahl.

Hier bin ich in Anlehnung an internationale Konzepte zu Indikatoren der Lebens­qualität (etwa OECD) an objektiven Kriterien interessiert. Diese sollten bei Bedarf ergänzt werden um zum Beispiel Befragungen der Nutzer der öffentlichen Ver­kehrsmittel oder des Radverkehrs, wie wir es gerade bei dem neuen Verkehrs­konzept tun.

Beim Thema Gesundheit komme ich im Moment zu einer vollkommen anderen Prioritätensetzung: Wie Sie in der Lokalpresse verfolgt haben, müssen wir einen Generationenwechsel bei den Hausärzten organisieren. Wir haben zu wenige -übrigens eine wichtige Rückmeldung aus Bürgergesprächen. Ich habe mich sehr intensiv in dieser Sache bemüht und wir haben mittlerweile gute Chancen, trotz einer sehr schwierigen Ausgangslage diese Herausforderung zu meistern. So wird beispielweise Frau Dr. Laue mit einer Kollegin in diesem Jahr in Bad Kissin­gen ihre Praxis eröffnen. Ich bin gern bereit weitere präventive Angebote auszu­bauen. Mein Schwerpunkt ist allerdings zunächst einmal das grundlegende Ge­schäft der ausreichenden Versorgung mit ambulanten Angeboten, ohne die ein Zugang in das Gesundheitssystem nur schwer möglich ist. Wir sollten uns in Zu­kunft über die Ausrichtung, Formate und Inhalte der Gesundheitstage austau­schen, die nächstes Jahr noch von Frau Dr. Müller getragen werden, aber da­ nach in eine neue Organisationsform überführt werden müssen.

Eine allgemeine gesellschaftliche Diskussion, auch in Bad Kissingen, über die Schattenseiten, und vielleicht auch Lichtseiten, der modernen Entwicklung halte ich für spannend und notwendig. Bad Kissingen sollte auch hier Vorreiter gesellschaftlicher Diskussionen in der Zivilgesellschaft sein. Zudem verfügen wir mit 1.000 Veranstaltungen im Jahr über zahlreiche Möglichkeiten zur Reflexion, die sicherlich begleitend durch die Zivilgesellschaft organisiert werden könnten. Sicherlich lassen sich hierfür geeignete weitere Formate finden. So gefallen mir beispielsweise die Diskussionsformate, die von Buchhandlungen in Bad Kissin­gen angestoßen werden. Auch die Vinothek ist sicherlich der geeignete Ort, um in Zukunft solche Diskussionen zu führen. Bezüglich der Thematik „generations­übergreifender Dialog“ sollte sicherlich mit dem hier ansässigen Mehrgenerati­onshaus der Dialog gesucht werden.

Einen Aspekt, der im Absatz „Zusammenleben der Generationen“ genannt wird, teile ich ausdrücklich: Bad Kissingen muss jünger werden. Das ist für mich allerdings kein normatives Postulat, sondern eine gesamtstädtische Notwendig­keit: Wenn wir weiterhin eine lebendige und prosperierende Stadt sein wollen, brauchen wir die altersmäßige Mittelschicht, die für Unternehmen als Arbeitskräfte zur Verfügung steht und das Vereinsleben befruchtet. Wir haben ausrei­chend Nachfrage von Menschen, die im letzten Lebensabschnitt den Weg nach Bad Kissingen suchen. Jetzt müssen wir sehen, dass es eine stimmige Balance wird, damit unser Wachstum ein nachhaltiges Wachstum wird. Zur Attraktivitäts­steigerung für diese Menschen haben ich bereits in meiner Amtszeit wichtige Ent­scheidungen mit dem Stadtrat herbeigeführt. Dazu gehört die Unterstützung und Ausweisung neuer Wohn-und Gewerbegebiete sowie den Bau einer neuen Kita im Stadtgebiet, die Erweiterung der Kita in Poppenroth sowie die Erweiterung der Sinnberg-Grundschule. All diese Projekte sind die Voraussetzungen dafür, dass wir für die Zielgruppe die richtigen Angeboten mittel-und langfristig entwickeln. Allerdings gehört auch dazu, dass wir uns richtig „verkaufen“. Deswegen werden wir dieses Jahr auch eine Standort-und Imagekampagne starten, welche die Vorteile unserer Stadt im Wettbewerb mit den Metropolregionen herausstellt

Nun zu dem Aspekt „Umwelt, Ökologie und Kampf gegen die Klimakrise“. Ich habe in Sachen Umweltpolitik drei Prämissen:

  1. Wir müssen weltweit die Treibhausgase auf null bringen.
  2. Städte und Kommunen müssen dazu ihren Beitrag leisten. Allerdings lie­gen die politische Verantwortung dieses Themas und die Möglichkeit zur Intervention bei diesem globalen Problem nur zum geringen Teil auf der Ebene der Stadt Bad Kissingen -und man sollte dies auch nicht sugge­rieren.
  3. Wir sollten die wirtschaftlichen Chancen als Stadt Bad Kissingen nutzen, die in der Transformation der Ökonomie sich ergeben werden.

Aus diesem Grund haben wir beispielsweise 16 Bäume im Stadtgebiet von der Liste der Klimabäume (,,Stadtklimabäume“) des Projekts Stadtgrün 2021 der Bay­erischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau gestartet. Letztes Jahr ha­ben wir 75.000 Bäume im Stadtwald gepflanzt, dieses Jahr noch einmal so viel. Zudem könnte ich mir sehr gut vorstellen, dass wir unseren Wald noch stärker für Erholung nutzen, so wie von Ihnen postuliert. Im Moment bin ich mit der Verwal­tung im Dialog zu dem Thema.

Unsere Stadtwerke betreiben zurzeit eine Wasserkraftanlage, die im Jahre 2020 rund 625.300 kWh in das öffentliche Netz eingespeist hat. Weiterhin betreiben die Stadtwerke aktuell 6 eigene PV-Anlagen, die im Jahre 2020 rund 409.300 kWh in das Netz eingespeist haben. Aktuell planen wir den weiteren Ausbau er­neuerbarer Energien, insbesondere im Bereich Photovoltaikanlagen.

Zudem hoffe ich, dass wir es schaffen werden, einen Klimaschutzmanager einzu­stellen. Von ihm oder ihr erhoffe ich mir weitere Impulse zu den oben genannten drei Punkten.

Zum letzten Punkt „Kooperation mit der Wirtschaft“. Grundsätzlich ist unsere Innenstadt belebt. Gerade im letzten Jahr habe ich die Rückmeldung auch von Pro Bad Kissingen erhalten, wonach die Frequenz sehr hoch war. Trotzdem müs­sen wir „dranbleiben“ und wettbewerbsfähig bleiben. Deswegen werden wir Lä­den in der Innenstadt anmieten und in der Tat auch einer kreativen Nutzung zur Verfügung stellen. Denkbar sind natürlich auch Start-Ups. Es geht dieses Jahr los.

Abschließend möchte ich mich nochmals bei Ihnen für Ihr Interesse an meiner Bewertung bedanken.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Dirk Vogel